Karsten Weber gründete 1999 in Düsseldorf mit anderen Absolventen der Klasse Baukunst an der Kunstakademie die Gruppe rheinflügel. rheinflügel verstand sich als Plattform, in der Ideen, Strategien und künstlerische Projekte diskutiert und realisiert werden konnten. Aus rheinflügel entstand 2007 das Büro für Ausstellungsdesign Karsten Weber Studio.
Karsten Weber
1999 Abschluss der Klasse Baukunst der Kunstakademie Düsseldorf.
1999 Gründung der Architektengruppe rheinflügel, Realisierung von Ausstellungen, Ausstellunggestaltungen, Displays und Raumkonzepten in rheinflügel – Projektpartnerschaften.
2007 Gründung des Büros Karsten Weber Studio; Konzepte für Ausstellungsdesign und Ausstellungsräume. Zusammenarbeit mit festen und freien Mitarbeitern, sowie mit Partnern aus den Bereichen Grafik, Design und Medien.
Lehraufträge: 2003 – 2008 Academie van Bouwkunst, Maastricht, 2011 Heinrich Heine Universität Düsseldorf, Philosophische Fakultät, Institut für Kunstgeschichte, Seit 2013 Lehrtätigkeit an der Academie Beeldende Kunsten Maastricht / maastricht academy of architecture, seit 2018 Lehrauftrag an der Universität Hamburg.
2005 Förderpreis des Landes Nordrhein-Westfalen für junge Künstlerinnen und Künstler.
2010 Auszeichnung des BDA Bonn-Rhein-Sieg für die Gestaltung des Bonner Kunstvereins.
Die Wahrnehmung von Kunst durch den gestalteten Raum
Die Ausstellung von Kunst bedingt notwendigerweise auch den Ausstellungsraum – in einer öffentlichen Institution, einem Offraum, oder einem Atelier. Museen oder Kunsthallen zeigen Kunstausstellungen im steten Wechsel; häufig mit dem Ziel, möglichst viel Publikum zu generieren. Kunst in diesen Ausstellungräumen zu zeigen ist oft nicht einfach, da die Museumsarchitektur oft ein beherrschender Kontext ist – oder der immer wieder gebaute White Cube sich als ungeeignet für das zu verhandelnde Thema herausstellt. Es braucht also einen Vermittler, eine Klammer zwischen Werk und Ausstellungsraum. Dies kann ein geeigneter Sockel sein, es kann aber auch ein Raum sein, der in Materialität, Form und Farbe die Idee des Künstlers für die Wahrnehmung seines Werkes aufnimmt.
Wir können also feststellen, dass verschiedene Faktoren die Rezeption und Bedeutung eines Werkes sehr beeinflussen: Es ist die Erzählung der Ausstellung, es ist der Ausstellungraum, die Architektur und Erscheinung der Institution, es ist als dritter Faktor die Ausstellungsgestalt, die gebaute Klammer zwischen Werk und Ausstellungsraum.
Die Entscheidung über diese Form der Klammer obliegt idealerweise dem Künstler selbst - sofern er noch lebt. In den anderen Fällen trifft nicht das Museum diese Entscheidung, sondern ein Ausstellungsgestalter. Voraussetzung dafür ist eine Auseinandersetzung mit dem Werk und auch der Architektur. Es ist ein verantwortlicher, kreativer und künstlerischer Prozess. Die Gestaltungsfindung bewegt sich auf einem schmalen Grat zwischen einer künstlerisch-selbstbewussten Haltung und einem Verständnis der ausgestellten Werke und der Erzählung der Ausstellung.
Häufig wird der Werkcharakter dieser Gestaltung nicht erkannt und selbstverständlich der Architektur des Gebäudes zugeschrieben. Dabei ist die Architektur immer an Ihre Entstehungszeit gebunden, ihre Aufgabe ist Repräsentation. Unsere Aufgabe aber ist es, den aktuellen Kontext und eine stete Veränderung der Perspektive zu erschaffen.
Mitarbeiter
Deliah Morgenroth
Alish Ramin
Abdursahman Özgürcü
Athena Rombach
Kamila Michalkiewicz
Defne Saylan
Danny Piwko
Torben Dröge
Ann Katrin Storcks
Florian Hoheisel
Hyun-jin Shin
Julia Vossenberg
Sarah Grünhag
Rebecca Hertz
Wibke Engels
Beza Alemu Pepper
Victoria Pérez Pisón
Hanna Kier
rheinflügel, Konsortium und die Arbeit am Bestand
Guido Münch: Wir haben nie gesagt, was Konsortium ist. Es gab nur den Namen.
Karsten Weber: Wir haben nie sagen können, was rheinflügel ist. Es gab nur den Namen. Dabei haben wir zu Anfang durchaus versucht, zu einem gemeinsamen Manifest zu kommen: Wir gingen für eine Woche in Klausur, auf neutralem Territorium, in einem Kölner Hotelzimmer. In welchem wir alsbald feststellten, daß wir uns nicht im Mindesten auf irgendetwas einigen konnten. Mein Manifest war, pointiert gesagt: „Ich baue gar nicht.“ Allerdings gab es daneben noch sechs andere Manifeste – jeder hatte sein eigenes. Ein gemeinsames war für uns also offenbar nicht möglich.
Guido Münch: Wir haben auch versucht, einen gemeinsamen Text zu schreiben, fanden dann jedoch heraus, daß wir keinen einheitlichen Text schreiben können. Oder wollen. So hat dann jeder seinen eigenen Text geschrieben und vorgetragen. Ich habe dazu noch Musik von CDs abgespielt. Aber all das ergab dann ein schlüssiges Ganzes. Konsortium hat herausgefunden, daß wir aufeinander reagieren, auch und gerade auf das reagieren, was den jeweils anderen von uns unterscheidet, so daß eben das Differente ein Gemeinsames schafft. Unser kleinster gemeinsamer Nenner ist vielleicht der Widerspruch.
Karsten Weber: Wir sind dann vom Gedanken des theoretischen Manifests abgegangen, um uns in den Werken zu manifestieren. Für mich war rheinflügel dabei keineswegs eine kollektive Identität. Sondern eine Gemeinschaft, in der jeder seine eigenen Vorstellungen realisieren konnte, sei es alleine, sei es im Verbund mit anderen: Alles, was ein rheinflügel-Mitglied macht, ist rheinflügel. Umgekehrt definiert sich rheinflügel als Summe all dessen, was seine Mitglieder machen. Wir hatten keinen Überbau. Tatsächlich war rheinflügel mehr oder weniger ein Absolventen-Jahrgang des Aufbaustudiums „Baukunst“ an der Kunstakademie Düsseldorf. Wir haben uns als Gruppe konstituiert, um uns Gehör zu verschaffen. Wir wollten reden, und sei es durcheinander, damit man uns hörte, damit man uns wahrnahm.
Guido Münch: Wir haben uns für den Namen „Konsortium“ entschieden, weil es kein Begriff aus der Kunst, sondern aus der Wirtschaft ist. Also aus dem Reich des reinen Willens, denn Konsortium geht es ganz klar um Wettbewerbsverzerrung: Wenn die eigene Ambition größer ist als die eigene Kraft, braucht man die Gruppe. Der Vorteil jeder Gruppe ist zudem, daß sich Aufgaben verteilen lassen.
Karsten Weber: Ich sah rheinflügel auch als eine Art Urzelle, die sich selbst Vertrauen gibt.
Guido Münch: Sicherlich ist jede Gruppe auch eine Art Ersatzfamilie. Denn wenn man sich als Gruppe inszeniert, erzeugt man zweierlei: Geborgenheit nach innen. Und zudem Beunruhigung nach außen.
Karsten Weber: Vor zehn Jahren, als wir rheinflügel gründeten, ging es uns darum, der Welt zu zeigen, daß sie uns braucht. Daß sie uns zu brauchen hat. Daß unsere Generation die vorhergehende ablösen muß. Ich sah in rheinflügel die Möglichkeit, Druck auszuüben. Ich wollte ein eigenes Werk realisieren, und zwar im Kontext meiner Generation. Es gab es keine kollektive rheinflügel-Identität. Das Bild auf der ersten Mappe 2001, in der wir unsere Arbeiten dokumentiert haben, ist bedeutsam: Keiner sieht den anderen an, alle sind nur einzeln agierende Personen. Von außen wird rheinflügel gerne als Gruppe oder Büro gesehen und auch so angesprochen. („Wir sind von außen oft verbunden, wir sind von innen meist getrennt …“) Im Ergebnis gibt es aber heute wie damals einzelne rheinflügel-Identitäten mit unterschiedlichen Werken und Inhalten. In diesem Sinne, und allein in diesem Sinne, bin ich auch heute noch ein Teil von rheinflügel.
Wobei es in meiner Architektur primär ums Erkennen des Bestehenden geht. Um eine Auseinandersetzung mit dem Gewesenen, um die Arbeit am Bestand. Seinerzeit z.B., 2002 beim Umbau der Kunsthalle Düsseldorf, sagten wir uns: Seht doch, wie schön sie ist! Wir wollen sie nur aufräumen!
Guido Münch: Sicherlich ist die Auseinandersetzung mit dem Gewesenen immer von Bedeutung. Aber es geht mir nicht um den Versuch einer Wiederbelebung, sondern um den konkreten Beleg der Vitalität dieser Ideen auch in der Gegenwart. Ich will die Dinge, so wie sie sind, in den Raum stellen. Dabei lehne ich es ab, im Künstler ausschließlich etwas Kreatives, Freies, Einfallsreiches zu sehen. Das ist in seiner Klischeebeladenheit und Willkürlichkeit eine viel zu starke Einschränkung.
Auszug aus einem Gespräch zwischen Karsten Weber und Guido Münch (Konsortium). Verfasser: Martin Berke